Spelsberg Peter

Monatsspruch September:

Ihr sät viel und bringt wenig ein; ihr esst und werdet doch nicht satt; ihr trinkt und bleibt doch durstig; ihr kleidet euch, und keinem wird warm; und wer Geld verdient, der legt's in einen löchrigen Beutel. Haggai 1, 6

 

Liebe Gemeinde!

 

Am Anfang des Monats September steht ein Wort des Propheten Haggai.

Es klingt nicht gerade ermutigend. Eigentlich ist es sogar total negativ.

Der ganze Satz klingt nach:

„Wir mühen uns ab, wie wir können, und am Ende bleibt doch nichts!“

Wir planen und machen, arbeiten und sparen. Doch am Ende steht die Frage:

„Was bleibt?“

Was bleibt nach 20 Jahren Bundeswehr in Afghanistan.

Erschütternde Bilder und große Ratlosigkeit, Schuldzuweisungen und Ernüchterung.

Was bleibt nach zwei Jahren Ringen mit der Pandemie - nach Einschränkungen, vielen Regeln und immer neuen Schutzverordnungen: Steigende Inzidenzen und neue Unsicherheiten nicht zuletzt für Kinder und Familien.

Was bleibt von meinem eigenen Leben, von dem, was ich mir aufgebaut habe, von aller Mühe und Arbeit, vom Ringen um eine gute Zukunft für die Kinder, von Einsatz im Ehrenamt, von den Ersparnissen fürs Alter, von der Rente...?

Der Prophet macht nicht gerade Hoffnung.

Doch wie so oft, wenn Sätze aus dem Zusammenhang gerissen werden, werden sie missverstanden.

Haggai ist gar nicht so negativ.

Im Zusammenhang meint er den Satz eher so:

Ihr schafft alle immer nur für euch selbst, und schaut nicht auf die anderen.

Jeder sorgt nur für sein eigenes Auskommen und den eigenen Vorteil. Deshalb bleibt so wenig von all dem.

 

Wenn alle an einem Strang ziehen, wenn es alle gemeinsam anpacken, dann entsteht etwas großes Ganzes.

Bei Haggai soll es der neue Tempel sein, nachdem der alte von den Besatzern zerstört wurde - das Haus Gottes.

Das Haus Gottes muss kein Bauwerk aus Steinen sein.

Es kann auch im übertragenen Sinn entstehen.

Das Haus Gottes entsteht da, wo Menschen gemeinsam nach dem Wohl aller suchen. Da wo sie sich einsetzten für gute und gerechte Lebensverhältnisse für alle.

So, wie in den Flutgebieten im Erftkreis und im Ahrtal, wo tausende freiwillige Helfer angepackt haben damit Menschen und ganze Dörfer wieder einen Neuanfang wagen können.

Es entsteh da, wo jemand für seine Nachbarin eingekauft hat, die sich zu Beginn der Pandemie nicht heraus getraut hat.

Es entsteht da, wo wir an Stelle von Schuldzuschreibungen helfen, die humanitären Katastrophen zu bewältigen - sei es mit einer Spende für die Diakonie-Katastrophenhilfe oder durch persönliches Engagement.

Es entsteht da, wo wir ein tröstendes Wort und ein offenes Ohr haben für Trauer und Leid unserer Nächsten.

Auch da, wo wir uns einsetzten für Kinder und Jugendliche, die in den vergangenen Monaten oft zurückstecken mussten.

Es gibt viele Möglichkeiten um am Haus Gottes mit zubauen.

Wer es wagt, wird merken - da bleibt etwas - nicht nur für mich, sondern für alle.

Haggai wollte nicht entmutigen - er wollte herausfordern - nehmen wir die Herausforderung an.

Amen

Ihr Pfarrer Peter Spelsberg